Hansueli Remund
2. Juni 1944 – 2. Januar 2023
In schönster Erinnerung
Hansueli Remund startete sein Leben als Bauernsohn auf dem Schöpferhof in Riedholz. Bauer sein bedeutete früher wie heute harte Arbeit und wenig Freizeit, daher haben seine Eltern, die Erziehung weitgehend seiner Grossmutter überlassen, wo er in besten Händen war. Wäre es nach seinem Vater gegangen, hätte Hansueli eine Karriere als Bauer durchlaufen.
Dank der Unterstützung seiner Mutter konnte er seinen eigenen Weg einschlagen und besuchte als Jugendlicher die Kantonsschule in Solothurn. Zu dieser Zeit entdeckte er auch die Liebe zur Leichtathletik und hielt viele Jahre den Rekord als «schnellster Solothurner». In der Studentenverbindung Amicitia konnte er seinem Hobby frönen, dabei entwickelte er einen ausgeprägten sportlichen Ehrgeiz.
Sein Name in der Studentenverbindung war Kongo. Diesen Namen verdiente er sich mit seinen einmaligen Kenntnissen über die gesamte Afrikanische Politik: er kannte zu jeder Zeit alle politischen Systeme und die Namen der Staatschefs aller Afrikanischen Länder. In seinem Afrikaordner sammelten sich über die Jahre unzählige Zeitungsartikel. Und so entwickelte er sich zu einem politischen Menschen den er sein ganzes Leben blieb. Ein intelligenter, strebsamer, witziger Bursche, den alle gernhatten. Den Witz und die Intelligenz hat er - sagte man - wohl von seiner Mutter geerbt.
Nach der Matura ging es darum, sich für ein Studium zu entscheiden. Dem vielseitig begabten Hansueli fiel das nicht ganz leicht. Er schrieb sich schlussendlich, an der ETH in der Architekturabteilung ein. Hansueli hätte aber genauso gut Journalist oder Politiker werden können. Aus dieser Mischung von Begabungen wurde dann einer der prägenden Raumplaner seiner Generation.Er war schon im Studium ein zielgerichteter Schaffer, so wie man es von einem Bauernsohn auch erwarten darf. Den häufigen 24-Stundenbetrieb an der Architekturabteilung schaffte er erfolgreich und ohne Murren. Sport und Politik waren seine ständigen Begleiter.Mit Rosmarie, die er schon während dem Studium kennen lernte bereisten sie die Schweiz und Europa und haben als erstes gemeinsames Projekt ein Rustico im Maggiathal umgebaut. In dieser Zeit sind auch die beiden Kinder, Sandra und Sibylle zur Welt gekommen.
Nach dem Studium wurde Hansueli von der Firma Planpartner AG in Zürich als Architekt/Raumplaner angestellt. Nach rund zwei Jahren in Zürich wollte Hansueli sein eigenes berufliches Umfeld schaffen und gründete zusammen mit Kurt Gilgen ein Zweigbüro in Sempach, wo der Auftrag «Regionalplanung Luzern» bearbeitet wurde. Nicht nur das Büro, sondern auch die Familie zügelte nach Sempach.
Es war eine grosse Herausforderung Beruf und Familie unter einen Hut zu bringen. Work Life Balance war damals noch ein Fremdwort. Nach glücklichen Jahren als Familie hat Rosmaries Krankheit die Beziehung und das Familienleben immer stärker belastet, so dass es schlussendlich zur Trennung kam.
Vor beinahe 40 Jahren hat Hansueli Susi Scheidegger kennen gelernt. Aus der Arbeitsbeziehung im Sekretariat Solothurn wurde eine Liebesbeziehung, die zur Heirat führte und damit zur Patchworkfamilie Remund-Scheidegger. Drei Töchter und ein Sohn. Das Familienprojekt der Remunds war eine Renovation eines alten Hauses von Hansuelis Tante in Frangy (Frankreich).
Wie im Beruf so auch in der Familie ist Hansueli immer verständnisvoll und vermittelnd auf alle eingegangen.
Gemeinsam mit Kurt Gilgen hat Hansueli 1976 das Planteam S gegründet und so die Planpartner Filiale abgelöst. Das Planteam S wurde bald erweitert mit einer Zweigstelle in Solothurn, später in Gelterkinden und in Bern. Das Büro Planteam S war vorwiegend in der Zentralschweiz und der Nordwestschweiz tätig.Zusammen mit Kurt Gilgen wurde im Planteam S eine Bürostruktur geschaffen, welche Mitarbeitende massgeblich partizipieren liess. Sowohl in der Arbeit wie auch finanziell als Beteiligung am erzielten Gewinn. Gleichzeitig unterstützte das Planteam S immer wieder auch grosszügig soziale Projekte (unbürokratisch im Kleinen an Menschen in Not in der Schweiz und in Projekte in Südamerika und Afrika).
Reto Höin und Markus Strobel gründeten als ehemalige Mitarbeiter das Planteam GHS, Lärmschutz und Bauphysik. Die Planteam Familie, funktionierte lange Zeit als Netzwerk und arbeitete in engem Austausch zusammen.Parallel zum Planteam S konnten Hansueli im Jahr 1979 zusammen mit Ivo Kuster ein Raumplanungsbüro in Zürich übernehmen. Unter dem Namen Remund+Kuster, Büro für Raumplanung AG liess sich das Büro darauf in Pfäffikon (SZ) nieder. Geographisch war Remund+Kuster eher im Kanton Zürich, in der Zentralschweiz und in der Ostschweiz tätig.
Mit 69 Jahren, bereits im Pensionsalter aber immer noch voller Tatendrang, gründete Hansueli aufgrund der zahlreichen Beratungsanfragen, die an ihn gelangten, die «Hansueli Remund Raumplanung GmbH». Er war im Rahmen einer Bürogemeinschaft mit anderen Fachbüros in Luzern tätig. In dieser Zeit ging auch ein Wunsch von Hansueli in Erfüllung, einmal in seiner beruflichen Laufbahn mit seiner Tochter Sandra (ebenfalls ETH-Architektin) zusammen zu arbeiten.
Mit seiner gewinnenden Art hat Hansueli aber weit über die Raumplanung hinaus Menschen positiv beeindruckt. Seine Arbeit als Raumplaner hat die Schweizer Raumplanung in ihren Anfängen und während mindestens 40 Jahren massgeblich mitgeprägt. Hansueli war ein Schnelldenker. An Sitzungen, Versammlungen und in Beurteilungsgremien von Wettbewerben und Studienaufträgen war er im Element. Seine sprichwörtliche Schlagfertigkeit verblüfften immer wieder. Während andere noch überlegten, was sie sagen möchten, hatte er bereits drei treffende Antworten abgegeben.
Hansueli Remund war Raumplaner mit Leib und Seele. Er war der Zeit eigentlich immer voraus gewesen. Zum Beispiel hat er 1983 eine Schrift im Auftrag des Bundesamtes für Wohnungswesen mitverfasst, mit dem Titel «Verdichtete Wohn- und Siedlungsformen». Heute ein Zauberwort und alles bestimmend in der Raumplanung. Für Hansueli war das vor 40 Jahren schon ein Thema, ohne dass dazu eine gesetzliche Verpflichtung bestand.
Dank seinem Verhandlungsgeschick schaffte Hansueli immer wieder praktisch Unmögliches. Z.B. die Auszonung von rund 35 ha Bauzonen in Nichtbauzonen 1992 in Altdorf. Ohne eine einzige Beschwerde. Hansueli führte mit sämtlichen Landwirten teilweise mehrere Gespräche und konnte sie dank einer gemeinsamen Sprache davon überzeugen, dass sie nicht nur Nachteile, sondern auch Vorteile haben, wenn ihre Bauzone ausgezont würden. Immer wieder schaffte Hansueli scheinbar Unmögliches.
Eine spezielle Planung von Hansueli war die Stadtplanung von Boa Vista in Brasilien. Ein Schweizer Investor war in Boa Vista Eigentümer einer riesigen Landfläche. Für die Entwicklung einer Stadterweiterung beauftragte er das Büro Remund und Kuster mit einer Stadtplanung. Paul Hertig und Hansueli Remund bereiteten sich auf diese grosse Aufgabe gründlich vor und reisten über Silvester/Neujahr 1989/90 nach Brasilien. Sie entwarfen vor Ort die Struktur einer Stadterweiterung, einen Masterplan, für Boa Vista.
Vor kurzem hat sich Hansueli noch zu dieser Stadtplanung geäussert. Er hat Luftbilder von Boa Vista angeschaut und es machte ihn zufrieden, dass doch ein rechter Teil des inzwischen Gebauten dem ursprünglichen Masterplan entsprach.
Vom Kanton Uri hatte Remund+Kuster den Auftrag, im Gebiet Maderanertal/Fellital eine Schutzverordnung auszuarbeiten. Das Maderanertal / Fellital ist eine schützenswerte Landschaft von nationaler Bedeutung. Schon bald zeichnete sich ab, dass eine Schutzverordnung allein nicht zum Ziel führen wird und dass der beste Schutz erreicht werden könnte, wenn die bisherige Bewirtschaftung aufrechterhalten wird. Dazu war aber notwendig, dass die Bewirtschafter besser für ihre Arbeit entschädigt werden. Hansueli war auf jedem Hof im Maderanertal und im Fellital und hat mit den Landwirten abgeklärt, was sie benötigen, um die bisherige Bewirtschaftung aufrecht zu erhalten. Aus der Planung Maderanertal/Fellital resultierte schlussendlich eine «Stiftung Maderanertal/Fellital», die Geld sammelte um das Schutzgebiet entsprechend zu bewirtschaften und damit zu erhalten. Die Stiftung wurde auch vom Büro Remund+Kuster jeweils am Jahresende je nach Geschäftsgang mit einem Geldbetrag unterstützt.
Die Planung Maderanertal/Fellital wurde unter anderem vom Bundesamt für Raumentwicklung mit Interesse mitverfolgt. Oberster zuständiger «Raumplaner» war der damalige Bundespräsident Kurt Furgler. Im Rahmen seiner jährlichen Raumplanungsreise besuchte er mit seinem Amtsleiter das Maderanertal, um sich über die Planung zu informieren. Hansueli und Ivo durften dem Bundespräsidenten vor Ort die Planung Maderanertal/Fellital erläutern. Den Ansatz des gewählten Vorgehens hat ihn tief beeindrucktAnschliessend fand das Mittagessen, an einem grossen Tisch mit dem gesamten Urner Regierungsrat und Bundespräsident Kurt Furgler am gleichen Tisch statt. Ein einmaliges Erlebnis, dank der genialen, unkonventionellen Planung von Hansueli für das Gebiet Maderanertal/Fellital.
So gäbe es noch viele Anekdoten von und über Hansueli zu erzählen.
Als Planer hatte Hansueli stets ein gutes Sensorium, gesellschaftliche Probleme und Veränderungen frühzeitig zu erkennen und in seinen Planungen darauf zu reagieren. Er hatte ein grosses Gespür für die Bedürfnisse aller Involvierten und Anspruchsgruppen. Jede und jeder wurde auf seinem Gebiet, in seiner Sprache und seinen Möglichkeiten abgeholt und wurde ernstgenommen. Seine Herkunft aus einer Bauernfamilie hat ihm dabei gute Dienste erwiesen. Mit ausgeprägtem Verhandlungsgeschick suchte er immer nach Lösungen und war so ein grosses Vorbild für viele Berufskolleginnen und Kollegen.
Bereits seit den Anfängen des Büros Remund+Kuster hatte Hansueli die Idee jährlich ein Büroreise mit den Mitarbeitenden und deren Partnerinnen und Partnern durchzuführen. Ziel war einerseits die Mitarbeitenden mit Anhang besser kennen zu lernen, auch ausserhalb des Bürobetriebes und andererseits Beispiele von Raumplanungen oder Architektur vor Ort zu besichtigen und aus den Erfahrungen von Anderen zu profitieren. Zusammen mit den beiden Büros Planteam S und Planteam GHS, wurde immer über das Wochenende von Fronleichnam die 3 bis 4-tägige Büroreise durchgeführt. Bereits über 40x fand die Reise in der Schweiz, in den umliegenden Ländern und bis Holland und Spanien statt und hat immer den Teamgeist unter den Mitarbeitenden gefördert.
Es gäbe noch viele Anekdoten über Hansueli zu erzählen. Zusammenfassend
- Hansueli war einmalig
- Er war sehr vielseitig interessiert
- Er war ein hervorragender Rhetoriker
- Er war ein Schnelldenker
- Er hat immer unkonventionelle Lösungen gesucht
- Er war ein guter Freund und Kollege